Forschungsprofil
Das Dortmunder Institut für Diversitätsstudien. Kognition ∩ Literatur ∩ Medien ∩ Sprache erforscht Diversität aus linguistischer, literatur- und medienwissenschaftlicher Perspektive. Das mathematische Zeichen für Intersektion ∩ unterstreicht dabei den interdisziplinären Forschungsansatz und weist zugleich auf die Überschneidung verschiedener Identitätsaspekte hin. Hierzu zählen insbesondere Alter, Geschlecht, Erst- und Zweitsprache, ethnische und soziale Herkunft usw. Mit diesen Aspekten können Kompetenzen und Potentiale, aber auch Formen von Benachteiligung und Diskriminierung verknüpft sein.
Die Mitglieder des Instituts erforschen Diversität aus kulturwissenschaftlicher Perspektive und reflektieren kritisch über die jeweiligen Methoden. Ein Schwerpunkt liegt auf der Beschreibung von diversitätserzeugenden Faktoren, etwa im Bereich des Spracherwerbs, Sprachgebrauchs und der Sprachverarbeitung, insbesondere unter den Bedingungen migrationsbedingter Mehrsprachigkeit. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Beschäftigung mit soziokulturellen Auswirkungen von Diversität unter den Gesichtspunkten der Heterogenität/Homogenität, Exklusion/Inklusion, Partizipation, Disparität, Mobilität und Intersektionalität.
Das Konzept der Diversity Studies, wie es in der Literatur- und Medienwissenschaft Anwendung findet, basiert auf den seit den 1990 Jahren entwickelten Zugängen in der Minoritätsforschung sowie in den Postcolonial Studies, Gender Studies, Queer Studies und Disability Studies. Im Zentrum dieser Studien stand von jeher die für die Moderne konstitutive Bedeutung von Sprache für das Individuum und dessen Teilhabe an konstruktiven Prozessen des Verstehens, der Wissensgenerierung und der soziopolitischen Anerkennung. Jeder einzelne Zugang zur Analyse moderner soziokultureller Identitätsdiskurse, der den Aspekten der Hybridisierung, Differenzierung und Ästhetisierung gerecht werden wollte, trug zunehmend dem Umstand Rechnung, dass Identität und die Fragen nach möglicher Teilhabe stets von verschiedenen interdependenten Faktoren abhängig sind. Die Diskussion der klassischen Trias von gender, race, class gab bei dieser Ausdifferenzierung einen wichtigen Impuls für die jüngere Forschung.
Ausgehend von neueren Konzepten der interdisziplinären Gender and Diversity Studies blicken wir am Institut vor allem auf Schnittstellen der sprachlichen, kulturellen und sozialen Vielfalt. In den Lehramtsstudiengängen Deutsch und Englisch widmen wir uns einer inklusiven und diversitätssensiblen Vermittlung fachspezifischer Inhalte in allen Schulformen. Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen sowohl soziale Ungleichheiten und kulturelle Unterschiede als auch die positive Seite von Diversität. Wir legen Wert auf eine interdisziplinäre Forschung im internationalen Kontext, die wir eng mit unserem Lehrangebot verzahnen. Auf diese Weise binden wir innovative wie bewährte Formate akademischer Lehre in die deutschsprachigen Diversity Studies ein, um auch sprach- und kulturwissenschaftliche Ansätze zu den gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozessen in Richtung Vielfalt, Diversität und Inklusion beizusteuern. Die Mitglieder des Instituts forschen und lehren hauptsächlich zu folgenden Fragestellungen:
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Wie wird Diversität in einer Gesellschaft kommuniziert?
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Welche Sprachen werden hierfür erlernt und verwendet?
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Welche Narrative über Diversität werden derzeit kollektiv verhandelt und welche Werte werden dadurch vermittelt?
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Welche medialen Transformationen erfahren diese Erzählungen und wie werden sie wahrgenommen und weitergegeben?
Projekte und Labore
Was bedeutet eigentlich Diversität?
→ Was bedeutet eigentlich Diversität?
Diversität stammt vom lateinischen Begriff diversitas ab, der Unterschied oder Verschiedenheit bedeutet. Der Begriff wurde zunächst nur in der Biologie benutzt (Biodiversität), bevor er seit den 1960er Jahren von der Soziologie und den Kulturwissenschaften adaptiert wurde.
Diversitätsforschung untersucht vor allem die Entstehung und Wirkung von sozialen Ungleichheiten, wie wir sie heute in westlichen Gesellschaften kennen und die überwiegend von den Wissenschaften im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts definiert worden waren. Hierzu zählen etwa binäre Vorstellungen von Geschlechtsidentitäten oder Konzepte von Rasse und hegemonialer Kolonialpolitik. Sprache, Literatur und ihre Medien haben zu diesen Entwicklungen entscheidend beigetragen, nicht zuletzt in kognitiver, epistemischer, ästhetischer und symbolischer Hinsicht.
Seit einigen Jahren werden Diversität und das englische Synonym diversity immer häufiger positiv umgedeutet und in ökonomischen, wissenschaftlichen wie kulturellen Zusammenhängen dazu benutzt, Vielfalt als ein Potential ‚bunter‘ und toleranter Gesellschaftsformen zu betonen.